For my academic writings, please consult:
http://works.bepress.com/mehmetozkan/

January 20, 2008

Die Darfur-Krise verstehen: Erwartungen vom G8 Gipfel

Mehmet OZKAN

Der 33. G8-Gipfel, der dieses Jahr zwischen dem 6. und dem 8. Juni in Heiligendamm in Deutschland stattfand, wird von vielen Kommentatoren und Politikwissenschaftlern als Wendepunkt bezeichnet. Grund dafür ist zweifellos die Erwartung der baldigen Lösungen der Probleme dieser Welt. So wurden auf dem Gipfeltreffen, das unter dem Vorsitz Deutschlands stattfand, drei wesentliche Themen behandelt. Das wichtigste unter diesen Themen ist die globale Erwärmung. Die anderen beiden Aspekte sind mit Afrika verbunden und haben einen direkten Einfluss auf die internationale Politik: Darfur und die Entwicklung Afrikas. Im Allgemeinen wurde von dem diesjährigen Treffen – bis auf einige Versprechungen bezüglich der globalen Erwärmung – nicht viel erwartet.
Ebenso wurden bezüglich der Entwicklung Afrikas, außer der Wiederholung der Versprechen vergangener Jahre und der Betonung der Bedeutung des afrikanischen Kontinents für die internationale Politik, keine praktischen Lösungen erwartet. Das Hauptthema des diesjährigen Treffens war die Darfur- Krise. Über die Krise in Darfur zu sprechen und eine unverzügliche Lösung zu finden, ist nicht nur ein Bedarf, sondern vielmehr eine Notwendigkeit. Die Krise, die in den letzten Jahren international großes Aufsehen erregt hat, ist nicht mehr nur das Problem Afrikas, sondern hat sich zu einem Zentrum des globalen Machtkampfes entwickelt. Vielleicht ist dieses Fakt auch das größte Hindernis für eine Lösung. Der Konflikt in Darfur entstand ursprünglich aus den Auseinandersetzungen zwischen den Milizen, den so genannten Dschandschawîd, und rebellierenden Stämmen. Auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht, als sei dieser Konflikt erst im Februar 2003 entstanden, lassen sich dessen Spuren bis in die 60er und 70er Jahre zurückverfolgen. Der Machtkampf zwischen arabischen und afrikanischen Muslimen, bei dem es auch um die psychologische Autorität geht, geriet durch das Eingreifen einiger arabischer Länder außer Kontrolle. Heute gibt es mehr als 2,5 Millionen Menschen, die ihre Wohnstätten verlassen mussten und in Flüchtlingslagern untergebracht wurden.
Die Frage, ob dieser Konflikt, in den schätzungsweise 200 000 Menschen involviert sind, als Völkermord einzustufen ist, stellt eine andere internationale Diskussion dar. Denn laut dem UNAbkommen zur Vorbeugung und Bestrafung von Völkermord, das 1948 bei der Generalversammlung beschlossen wurde, muss die internationale Gemeinschaft im Fall eines Völkermordes sofort eingreifen. 004 wurden von Seiten der Afrikanischen nion Soldaten in das Krisengebiet entsandt, um eineösung herbeizuleiten. Später wurden diese Kräfte von den Vereinten Nationen anerkannt und unter deren Aufsicht gestellt, wobei sie größtenteils immer noch von der EU finanziert werden. Die stetige Ausweitung des Krisengebietes hat jedoch gezeigt, dass die Friedenssoldaten nicht ausreichend sind, weshalb die UN weitere Soldaten zu entsenden gedenkt. Die sudanesische Regierung jedoch hatte sich bis April dieses Jahres energisch dagegen gewehrt. Erst vor kurzem signalisierte der Sudan der Stationierung einer begrenzten Anzahl von UN-Soldaten zustimmen. Die Hauptursache für die Komplexität und Undurchschaubarkeit des Konfliktes in Darfur ist, dass sich ständig verschiedene Akteure gemäß ihren Interessen in die Darfur-Krise einmischen. Der wichtigste dieser Akteure ist China. Denn die Wirtschaft Chinas wächst jedes Jahr um 12 Prozent und man möchte dieses Wachstum beibehalten. Umso wichtiger ist es internationale Energiequellen sicher und günstig für das eigene Land zu gewinnen. Aufgrund dieser Tatsache steht China an erster Stelle der Länder, die stark vom Irak-Krieg beeinträchtigt wurden. China muss heute für ein Barrel Öl umgerechnet 60 bis 70 Dollar zahlen, wofür es früher 20 Dollar bezahlt hatte. Dies bedeutet für China nicht nur erhöhte Kosten, sondern auch einen ungünstigen influss auf das Wirtschaftswachstum. ngesichts der Diskussionen einen „Regimewechsel“ im Iran nd einen Krieg, ist sich China der öglichen Folgen für die Republik ewusst. Die von Fachleuten vorhergesagte Erhöhung des Ölpreises auf 100 bis 130 Dollar im Fall eines Angriffs auf den Iran, veranlasst China verschiedene Strategien zu entwickeln. Vor dem Hintergrund dieser Diskussionen sucht China den Kontakt mit erdölexportierenden afrikanischen Staaten und baut seine Beziehungen mit der sudanesischen Regierung aus, um die Erdölquellen in der Darfur- Region nutzen zu können. Eine auf internationaler Ebene verfestigte Meinung ist, dass die sudanesische Regierung keine konstruktive Rolle in diesem Konflikt einnimmt, ja sogar Partei ergreift.
In diesem Rahmen ist es verständlich, dass ein Sanktionsvorhaben des UNSicherheitsrates am Veto Chinas scheiterte. Der Hauptgrund des Verhaltens Chinas liegt in den Han Handelsbeziehungen Chinas mit dem Sudan. Der Darfur-Konflikt ist vielleicht das deutlichste Beispiel einer regionalen Krise, die zum Zentrum eines globalen Machtkampfes ausgeartet ist. Ein politischer Konflikt, egal wo er besteht, wird, wenn wirtschaftliche Interessen mit ins Spiel kommen, zu einem unlösbaren Problem und erhält globale Bedeutung. Das ironische dabei ist, dass, obwohl es der Konflikt internationale Relevanz erlangt, keine Lösung für das anfänglich kleine Problem gefunden werden kann. Ein typisches und sehr heikles Beispiel dafür ist der Kongo. Die Frage ist, ob der G8-Gipfel nun erkannt hat, dass die Lösung des Darfur-Konflikts eigentlich mit China und demzufolge mit den USA zusammenhängt? Denn zweifelsohne hat China den größten wirtschaftlichen Einfluss auf die sudanesische Regierung. Ferner muss dafür gesorgt werden, dass jeglicher Beschluss des UN-Sicherheitsrates bezüglich dem Sudan nicht am Veto des ständigen Mitglieds China scheitert. Von der Chinesischen Republik einen Beitrag zur Konfliktlösung zu erwarten, heißt in diesem Zusammenhang seinen Energiebedarf sicherzustellen. In dieser Hinsicht darf man der chinesischen Regierung nicht zumuten, auf die sicheren Energiereserven aus dem Sudan zu verzichten, mögen sie auch noch so gering sein, zumal immer noch die Rede von einem Krieg mit dem Iran ist.
Das Grundlegendste, das die Regierungsführer der G8 vielleicht erreichen sollten, ist die USA zu einem Tonwechsel bezüglich des Iran zu bewegen. Zugleich könnte man China, das als beobachtendes Mitglied am G8-Treffen teilnahm, Sicherheiten hinsichtlich seiner Energieversorgung bieten, um so den Weg zu einer endlichen Lösung des Darfur-Konflikts zu ebnen. Doch weil auch bei dem diesjährigen Treffen wie jedes Jahr keine Ergebnisse, außer Schönrederei und der Tendenz alles an die UN herausgekommen sind, sind wir gezwungen sein auf ein anderes Treffen zu warten. Das G8-Treffen wird als Gipfeltreffen angesehen, weshalb von solchen Veranstaltungen auch strategische Beschlüsse von internationalem Rang erwartet werden. Auch der diesjährige G8-Gipfel hat jedoch unsere Erwartungen nicht erfüllen können.

No comments: