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January 20, 2008

Die Organisation der Islamischen Konferenz: Fragen und Probleme

Mehmet OZKAN

Die OIC, dessen einzige Voraussetzung für eine Mitgliedschaft die muslimische Identität der Bevölkerung ist, ist eine Organisation im Sinne einer Konferenz. Diese Eigenschaft macht sie zu einer Arena und weniger zu einem Akteur.

Die Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) ist zweifellos die größte islamische Organisation weltweit. Sie wurde 1969 nach dem Anschlag auf die Al-Aksa Moschee in Jerusalem unter Zusammenschluss von einigen islamischen Ländern gegründet. Sie weist heute eine Mitgliederzahl von 56 Ländern auf und ist somit die größte internationale Organisation nach der UN. Diese Besonderheiten machen die OIC zu der einzigen Organisation, die in der Lage wäre die Muslime gebührend zu vertreten. Doch anders als erwartet, beteiligt sie sich seit dem Kalten Krieg und insbesondere nach dem 11. September, der den Islam zum wichtigsten Diskussionsthema weltweit machte, nicht an den Diskussionen. In diesen Tagen benötigt die islamische Welt eine laute und einheitliche Stimme, doch die OIC stellt die eigene Organisation in Frage und ist weit davon entfernt Hoffnung für die Zukunft zu verbreiten. Was sind die Gründe für die Wirkungslosigkeit der OIC? Wie kann sie in Zukunft erfolgreicher werden? Mit diesen Fragen werden wir uns im Folgenden beschäftigen.

Erst die geschichtliche Einordnung der jetzigen Erfolglosigkeit der OIC, ermöglicht es Aussagen über die Zukunft dieser Organisation zu machen. Zunächst ist anzumerken, dass die OIC nicht wie die Afrikanische oder die Europäische Union eine regionale Organisation ist. Sie besitzt Mitglieder aus vier Kontinenten, doch hat dennoch keinen großen Wirkungskreis. Einer der wichtigsten Gründe hierfür ist, dass die Mitglieder zum Teil Länder der Dritten Welt oder Entwicklungsländer sind. Hieraus resultiert die Tatsache, dass die OIC bei globalen Entscheidungen der mächtigeren Staaten nicht zu Rate gezogen wird.

Die OIC, dessen einzige Voraussetzung für eine Mitgliedschaft die muslimische Identität der Bevölkerung ist, ist eine Organisation im Sinne einer Konferenz. Diese Eigenschaft macht die sie zu einer Arena und weniger zu einem Akteur. In der Arena verfolgen die Mitglieder hauptsächlich ihre eigenen Interessen und versuchen die anderen von den eigenen Ansichten zu überzeugen. Schon von Beginn an sahen die Mitglieder einem gemeinsamen Handeln problematisch entgegen. Ein kurzer Rückblick in die Geschichte wird dies offen darlegen. Mächtige Mitglieder der OIC wie Saudi Arabien, Pakistan, der Iran und Ägypten nutzten die Organisationen zeitweise für eigene politische Interessen, was die OIC schwächt. 1970 beispielsweise erreichte der arabische Nationalismus unter dem Einfluss des ägyptischen Staatsoberhauptes Nasser seinen Höhepunkt, doch Saudi Arabien, ebenfalls ein Mitstreiter um die Führungsposition in der arabischen Welt, der die Zentrale der OIC beherbergt und die Organisation größtenteils finanziert, stärkte die OIC und entpolitisierte damit den arabischen Nationalismus. Zudem ermöglichte die OIC es Saudi Arabien die Islamismus-Politik im eigenen Lande für eine Weile zu entpolitisieren. Nach der islamischen Revolution 1979 versuchte der Iran die OIC als eine Plattform zu nutzen, um die islamische Revolution auch in andere muslimische Länder zu exportieren. Daraufhin begann im Nahen Osten zwischen dem Iran und Saudi Arabien eine Streıtıgkeıten zwischen Sunniten und Schiiten, bei der Saudi Arabien den arabischen Nationalismus diesmal als Gegenposition einsetzte und den Versuch unternahm die OIC über den Nationalismus zu definieren, um die Position des Irans zu schwächen. Im Zuge dieser Politik Saudi Arabiens wurde Ägypten, das aufgrund eines Vertrags mit Israel 1978 von der OIC ausgeschlossen wurde, 1984 wieder in die Organisation aufgenommen. Der Protest des Irans aufgrund der Teilnahme Ägyptens an dem OIC Treffen in Casablanca 1984 ist ebenfalls auf den Machtkampf zwischen Saudi Arabien und dem Iran zurückzuführen.

Nach 1980 wuchs das Interesse der Türkei, die 1969 Mitglied wurde, an der OIC und nach 1995 befand sie sich in der Reihe der Länder ein, die einen Machtkampf bestritten. Der Kreis der Hauptakteure in der OIC-Arena wurde größer, denn neben der Türkei kamen auch Malaysia, Algerien, Jordanien und gar Marokko hinzu. Ob dieser Zustand zu einer Teilung, Gruppenbildung oder zu einer Vereinigung führen wird, wird uns die Zukunft zeigen.

Wie bereits erwähnt, tritt die OIC weniger als Akteur auf, sondern dient viel mehr als eine Plattform. In den letzten Jahren, insbesondere nach der Ernennung Ekmeleddin İhsanoğlus zum Generalsekretär der OIC im Jahre 2004, begann man verstärkt der Frage nachzugehen, warum es der OIC nicht gelinge in der internationalen Politik als Akteur aufzutreten. Daraufhin wurden Maßnahmen eingeleitet, um dies in der Zukunft zu ändern. In diesem Rahmen trafen sich Experten aus der islamischen Welt in bestimmten Zeitabständen und arbeiteten an neuen Projekten. Die Veränderung der Satzung und die Erweiterung der Befugnisse des Generalsekretärs wurden im Zuge dieser Projekte vorgeschlagen und 2005 auf der OIC Konferenz in Mekka in Kraft gesetzt. Trotz all dieser positiven Schritte wird etwas Grundlegendes bei den Reformarbeiten außer Acht gelassen, denn das Problem der OIC wird auf die Bürokratie reduziert. Im Grunde genommen ist das Problem der OIC viel mehr ideologischer als bürokratischer Natur. Solange die vorgenommenen Veränderungen sich auf das Bürokratische beschränken, wird sich der Umbruch innerhalb der OIC verzögern. Eine Neudefinition der OIC, eine Antwortsuche auf die Fragen warum und zu welchem Zweck sie gegründet wurde, ist zwingend notwendig. Der Hauptgedanke bei der Gründung 1969 war den Palästinensern Hilfe zu leisten. Doch obwohl seit der Gründung 40 Jahre vergangen sind, ist die Situation der Palästinenser nach wie vor schlecht, denn es wird weder aufrichtige Hilfe geleistet noch gibt es ein Hilfsprojekt. Obwohl die OIC die größte Vereinigung nach der UN ist und den Anspruch erhebt die einzige offizielle Vertretung der islamischen Welt zu sein, hat sie weder ein Friedensangebot zwischen Palästina und Israel noch wird sie in die Verhandlungsgespräche zwischen beiden Parteien involviert.

Bisher verfolgte die OIC leider eine „apolitische“ Politik. Die OIC, dessen Gründung eine Reaktion auf den Angriff auf die Al-Aksa Moschee zurückzuführen ist, nahm auch im weiteren Verlauf eine reaktionäre Haltung ein. Diese Haltung ist nicht mehr als ein bloßes Problem des bürokratischen Aufbaus der OIC anzusehen, sondern zu einer generellen ideologischen Haltung geworden. Während des Kalten Krieges war die Möglichkeit des politischen Eingreifens zugegebenermaßen gering, da die gesamte Weltordnung in zwei Lager geteilt war. Insbesondere die Tatsache, dass die OIC- Mitglieder in beiden Blöcken vertreten waren, erschwerte die Einigung zwischen den Mitgliedsländern. Heute, nach nun mehr 15 Jahren seit dem Ende des Kalten Krieges, ist die OIC leider immer noch nicht imstande eine einheitliche Stellung zu den Problemen der Muslime einzunehmen und kollektiv gegen Unrecht vorzugehen. Die Tatsache, dass selbst die Organisation für afrikanische Einheit, der die OIC ihre Satzung zu verdanken hat, sich erneuerte und von der Afrikanischen Union abgelöst wurde, macht eine Veränderung der OIC zwingend notwendig.

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